Was ein Design-System wirklich ist – und was nicht

Veröffentlicht von Aleksej Wachs

Aleksej Wachs

Design-Systeme sind in aller Munde. Kaum ein Digitalprojekt, in dem nicht irgendwann jemand sagt: „Das machen wir dann ins Design-System.“ Klingt effizient, professionell und strukturiert. Doch häufig bleibt unklar, was damit eigentlich gemeint ist – und vor allem: was nicht.

Zeit also für eine Klarstellung. Nicht als akademische Definition, sondern als praktische Orientierung für alle, die Design-Systeme aufbauen, pflegen oder damit arbeiten wollen.

Design-System ≠ UI-Kit

Ein weitverbreiteter Irrtum: Design-Systeme seien einfach nur gut gepflegte UI-Kits. Vielleicht mit ein paar Buttons mehr. Oder einheitlichen Farben. Oder einem schicken Figma-File mit Auto Layout.

Aber: Das macht noch lange kein Design-System.

UI-Kits sind Sammlungen. Design-Systeme sind Systeme. Das ist ein fundamentaler Unterschied.

Ein System schafft Zusammenhang, nicht nur Konsistenz. Es bildet Entscheidungen ab, nicht nur Ergebnisse. Es verbindet Design, Code und Organisation. Und es ist auf Skalierung und Weiterentwicklung ausgelegt.

Ebenso sollte man klar unterscheiden zwischen einem Design-System und...

  • ...einem reinen Styleguide:
    Farben, Typografie und Abstände sind wichtige Bestandteile. Ein reiner Styleguide bietet jedoch keine Entscheidungen zu Komponenten, Interaktionen oder Prinzipien. Ohne Komponenten und Guidelines fehlt die systemische Tiefe.
  • ...einem rein technischen Framework:
    Manche verstehen ein Design-System als bloße Sammlung fertiger Code-Komponenten, z. B. als React-Library. Das reduziert es jedoch auf Technik und ignoriert Designentscheidungen, Prinzipien und Kontext.
  • ...einem einmaligen Projekt:
    Ein Design-System endet nicht mit dem ersten Release. Es lebt nur dann, wenn es gepflegt, erweitert und regelmäßig hinterfragt wird. Wer es einmal erstellt und danach nicht wartet, produziert schnell einen „digitalen Friedhof“ veralteter Komponenten.

Diese häufigen Missverständnisse führen dazu, dass viele Design-System-Vorhaben am Ende scheitern, unter anderem, weil die Erwartungen von Anfang an falsch gesetzt wurden. Ein Design-System, richtig verstanden, vermeidet genau diese Fallen.

Stilbild: Wachstum und Optimierung eines Design-Systems 1

Die 4 Ebenen eines echten Design-Systems

Ein funktionierendes Design-System besteht nicht nur aus ein paar ansprechenden Komponenten in Figma. Es verbindet Design, Code und Prinzipien systematisch miteinander. Dabei haben sich vier zentrale Ebenen herausgebildet:

  1. Design Tokens
    Farben, Abstände, Typografie, Radius, Schatten in maschinenlesbarer Form (z. B. JSON). Sie bilden die kleinste, aber kritischste Einheit eines Systems und erlauben konsistente Gestaltung über Tools und Plattformen hinweg.
    Beispiel: Ein Button verwendet nicht einfach „#203a5d“, sondern den Token color-primary-700.

  2. Design-Komponenten (Figma etc.)
    Visuelle UI-Bausteine mit dokumentierten States, Größen, Varianten und responsivem Verhalten. Sie dienen als Referenz und ermöglichen ein gemeinsames Verständnis – für Designer:innen, PMs und Developer gleichermaßen.
    Beispiel: Ein „Card“-Element in Figma mit Hover/Focus-Zuständen.

  3. Code-Komponenten
    Die technische Umsetzung erfolgt in Frameworks wie React, Vue oder Web Components, aber auch in nativen UI-Technologien wie QML oder .NET/WPF, die insbesondere im industriellen und Embedded-Kontext eine Rolle spielen.
    Erst hier zeigt sich, ob ein Button wirklich funktioniert – mit States, Interaktionen, Accessibility-Logik und Responsiveness.
    Beispiel: <Button variant="primary" disabled /> im Code, exakt abgeleitet aus Token + Figma-Komponente.

  4. Prinzipien & Guidelines
    Regeln, die über die Oberfläche hinausgehen: Wie barrierefrei muss ein Tooltip sein? Wie soll die Sprache von Fehlermeldungen klingen? Welche Designprinzipien gelten für neue Patterns? Hier wird aus einer UI-Sammlung ein echtes System.

Erst wenn alle vier Ebenen zusammenwirken, entsteht ein echtes System, das Entscheidungen nachvollziehbar macht und Teams entlastet.

Warum Systemdenken so entscheidend ist

Die zentrale Idee eines Design-Systems ist nicht Wiederverwendbarkeit. Es ist Entscheidungsentlastung.

Jede wiederholte Designentscheidung kostet Zeit, Energie und birgt Widersprüche. Ein gutes System reduziert diese Last, indem es definierte Muster anbietet, dokumentiert, warum sie so sind, und es leicht macht, sie anzuwenden oder sinnvoll zu erweitern.

Ein Design-System ist kein Selbstzweck, sondern eine Infrastruktur für Produktteams.

Typische Missverständnisse beim Einstieg

  • „Das machen wir schnell in Figma.“
    Ohne klares Ziel, Struktur und Wartung endet das meist in einem weiteren Wildwuchs.
  • „Wir bauen erst mal die Komponenten, den Rest machen wir später.“
    Ohne Prinzipien und Style-Tokens fehlt der strategische Unterbau.
  • „Das soll einfach nur konsistent aussehen.“
    Konsistenz ist ein Nebeneffekt und nicht das Ziel. Ziel ist skalierbare Design-Kommunikation.

Fazit: Nicht sammeln – systematisieren

Wenn du ein Design-System aufbauen willst, stell dir nicht die Frage: „Welche Komponenten brauchen wir?“
Sondern:

  • Welche Entscheidungen sollen nicht immer wieder neu getroffen werden müssen?
  • Wie können wir diese Entscheidungen transparent, dokumentiert und teamübergreifend nutzbar machen?

Das ist der Unterschied zwischen einer Sammlung und einem System.

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